Im Scheidungsfall: Wer das Haus behalten darf und worauf Sie achten sollten

 

Bei einer Scheidung wird das gemeinsame Vermögen in der Regel aufgeteilt. Doch bei einer Immobilie ist das nicht ganz einfach. FOCUS  sagt Ihnen, welche Möglichkeiten es gibt und was Sie beachten sollten.

Existiert  kein Ehevertrag, ist eine Ehe immer eine so genannte Zugewinngemeinschaft. Im Fall einer Scheidung wird dann das Vermögen, das beide während ihrer Ehe erwirtschaftet haben, auf die Partner aufgeteilt – abzüglich der Vermögenswert, die sie schon vorher besaßen. Vom Zugewinn bekommt jeder den gleichen Anteil, egal, wie viel er dazu beigesteuert hat. Bei den Schulden wird genauso verfahren: Jeder muss die Hälfte übernehmen. Hat das Ehepaar während der Ehe ein Haus erworben, fällt diese Immobilie als Vermögenswert ebenfalls unter den Zugewinn. Wichtig: Haben Sie Ihr Haus mit Erbschaften oder Schenkungen finanziert, sollten Sie sich das von einem Notar bestätigen lassen. Nur so können Sie im Scheidungsfall sicher sein, dass Ihnen diese Beträge bei der Berechnung des Zugewinns angerechnet werden.

Wer steht im Grundbuch?

In den meisten Fällen entscheiden sich Ehepaare dazu, gemeinsam im Grundbuch eingetragen zu werden. Schließlich möchte sich jeder als Hausbesitzer fühlen und seinen eigenen Anteil am Familienheim haben. Solange die Beziehung gut läuft, spielt es im Grunde aber keine Rolle, wer im Grundbuch steht. Denn der Gesetzgeber räumt der so genannten Ehewohnung einen besonderen Status ein. Während der Ehe haben deshalb beide Partner ein Recht, dort zu wohnen, unabhängig von den Eigentumsverhältnissen.

Wer muss Schulden tilgen?

Bei dieser Frage kommt es darauf an, ob beide Ehegatten den Darlehensvertrag unterschrieben haben „In der Regel legen die Banken großen Wert darauf, dass beide Eheleute unterzeichnen“, sagt Maria Demirci, Fachanwältin für Familienrecht. „Auf diese Weise haften beide Partner dafür, dass die Schulden regelmäßig getilgt werden – die Bank hat also eine größere Sicherheit, weil sie im Ernstfall zwei Personen in Anspruch nehmen kann.“

Wer darf das Haus in der Trennungszeit bewohnen?

Beide Eheleute haben das Recht, in der gemeinsam erworbenen Immobilie zu leben, bis die Ehe rechtskräftig geschieden ist. Das bedeutet: Auch wenn ein Partner bereits die Scheidung eingereicht hat, kann zunächst keiner den anderen vor die Tür setzen. „In der Praxis ist es aber oft so, dass ein Partner von sich aus auszieht“, sagt Demirci. „Es gibt aber auch Fälle, in denen beide Partner auf ihrem Wohnrecht beharren.“ Wichtig: Wer aus dem gemeinsamen Haus auszieht, sollte sich darüber im Klaren sein, dass es unter Umständen kein Zurück mehr gibt. Selbst wenn Ihnen das Haus gehört, kann ein überstürzter Auszug bedeuten, dass Sie Ihr Nutzungsrecht verlieren. In dem Fall müsste Ihr Partner ausdrücklich einwilligen, dass Sie zurückkehren können.

Wann kann ich die Wohnung allein nutzen?

Was passiert, wenn sich die Partner nicht einigen können, wer ausziehen soll? Dann bewohnen zunächst beide das Haus weiterhin gemeinsam. „Wichtig ist dabei, dass das Wohl der gemeinsamen Kinder nicht gefährdet ist“, sagt Demirci. „Das könnte der Fall sein, wenn ein Partner gewalttätig ist oder ständiger Streit sich negativ auf die Psyche der Kinder auswirken würde.“ In solchen Fällen besteht die Möglichkeit, beim Familiengericht zu beantragen, dass Ihnen die Ehewohnung bis zur Scheidung zur alleinigen Nutzung überlassen wird. „Wer dies verlangt, muss allerdings genau erläutern, warum er die Wohnung für sich allein haben will und warum der Verbleib des Noch-Gatten im gemeinsamen Heim eine ‚unbillige Härte‘ für ihn ist“, so Demirci.

Wer bekommt das Haus nach der Scheidung?

Was mit dem Haus nach der Scheidung passiert, muss das Paar gemeinsam entscheiden. Beide haben generell das Recht, im Haus wohnen zu bleiben. Auch wenn nur einer der Partner im Grundbuch steht, darf er nicht eigenständig bestimmen, was mit der Immobilie geschieht. Bleibt ein Partner im Haus wohnen, muss er den anderen ausbezahlen. Das kann in einer Summe oder in Raten geschehen. Solange die Schulden nicht getilgt wurden, erhält der Gläubiger als Sicherheit einen Vollstreckungsanspruch. Überschrieben wird die Immobilie erst, wenn der ehemalige Partner komplett ausbezahlt wurde.

Einer bleibt im Haus

Dies sollte unbedingt vor der rechtskräftigen Scheidung geschehen. Denn bei der Übertragung von Eigentum wird eine Grunderwerbssteuer von etwa fünf Prozent des Verkehrswertes fällig. Für Ehegatten fällt diese Steuer weg, nach einer Scheidung würde sie aber fällig. Ein weiteres Problem: Gibt es nur noch einen Eigentümer, könnte der Bank ein Schuldner fehlen. Will das Kreditinstitut deshalb einen neuen Kreditvertrag abschließen, könnten sich die Konditionen verschlechtern. Zudem darf die Bank für Darlehensverträge, die vor Ablauf der Zinsbindungsfrist aufgelöst werden, eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung für entgangene Zinsgewinne fordern. Diese kann mehrere tausend Euro ausmachen. Oft bleibt derjenige, bei dem die Kinder leben, in der Immobilie wohnen. Dann werden Hausraten und Grundsteuer je nach Eigentumsanteil aufgeteilt. Das geschieht unabhängig davon, wie viel wer verdient. Für die Nebenkosten muss der Partner, der im Haus bleibt, allein aufkommen.

Haus wird verkauft

Verfügt kein Partner über die Finanzmittel, das Haus allein zu halten, muss die Immobilie verkauft werden. Sind die Partner einverstanden und findet sich ein Abnehmer für die Immobilie, wird der Erlös zwischen beiden aufgeteilt. Noch offene Schulden, für die beide Partner haften, werden damit verrechnet.

Haus wird vermietet

Das geschiedene Ehepaar kann das frühere Familienheim auch behalten und es vermieten. Entscheiden sie sich zu dieser Lösung, teilen sich beide sowohl die Mieteinnahmen als auch die Kosten, die das Haus verursacht – zum Beispiel die monatliche Schuldentilgung oder die Instandhaltung. Da die Geschiedenen dann zumindest auf geschäftlicher Ebene miteinander verbunden bleiben, funktioniert dieses Modell aber nur, wenn beide nach der Scheidung noch vernünftig miteinander umgehen können.

Halbes Haus für jeden

Die Ex-Partner könnten auch das Haus unter sich aufzuteilen. Das wäre aber nur bei größeren Immobilien sinnvoll, deren Wohnfläche in mehrere Eigentumswohnungen aufgeteilt werden kann. Dazu brauchen Sie die Hilfe eines Architekten oder Gutachters. Außerdem müssen Sie die neuen Eigentumsverhältnisse per Teilungserklärung von einem Notar beurkunden lassen. Weiterer Knackpunkt: Die einstigen Eheleute leben weiter Tür an Tür. Aus einem Rosenkrieg könnte ein dauerhafter Nachbarschaftsstreit werden.

Haus wird zwangsversteigert

Können sich die geschiedenen Eheleute auf keine der genannten Varianten verständigen, kommt es zur Zwangsversteigerung – notfalls auch gegen den Willen des unnachgiebigen Partners. Ein Sachverständiger ermittelt dann den Wert der Immobilie, dieser dient als Untergrenze für das Einstiegsgebot. Häufig liegt dieser Wert um bis zu 30 Prozent unter dem Marktwert der Immobilie. Wegen der erheblichen Verluste für beide Partner sollte eine Zwangsversteigerung deshalb unbedingt vermieden werden. Copyright Focus 07/2017

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